Wieso du verstehen musst, um gut zu führen.
Vier Pferde, vier Persönlichkeiten – und ich mittendrin
Man könnte meinen, ein Pferd ist ein Pferd. Vier Beine, Mähne, Schweif, frisst Heu, wiehert und läuft los. Schön wär’s! Wer mit Pferden arbeitet, merkt ziemlich schnell: Die sind so unterschiedlich wie ein bunter Haufen Schulkinder auf einem Wandertag. Der eine will vorrennen, der nächste bleibt stehen und staunt über das Leben, der Dritte würde gerne Pause machen um zu jausnen – und der Vierte fragt sich, warum er überhaupt mitgekommen ist.
Die Persönlichkeit eines Pferdes zu kennen, ist nicht nur praktisch, sondern verdammt wichtig. Arbeite mit einem sensibleren Exemplar als wärst du Rambo ohne Stirnband, und du hast ein zitterndes Elend vor dir. Versuch einen meinungsstabilen Denker durch wildes Wedeln zur Eile zu treiben, und er wird sich hinsetzen wie ein Esel. (Ich möchte an dieser Stelle ja keinen Pferdenamen nennen..)
Um das zu verbildlichen, machen wir einen kleinen Rundgang durch „meine“ Herde. Vier Pferde, die auf dem Papier nicht immer so unterschiedlich wirken – und in der Realität vier völlig verschiedene Charaktere sind.
Hitchcock – Der Streber mit Autopilot
Hitchie ist mein „Ich hab’s verstanden, lass mich schon machen!“-Pferd. Wenn ich nicht aufpasse, hat er die Aufgabe erledigt, bevor ich überhaupt fertig gedacht habe. Dabei läuft leider nicht immer alles glatt. Wer kennt diese eine Person, die in der Schule nach der Mathearbeit verkündet hat: „Boah, war voll easy!“ – aber im Eifer übersehen hatte, dass der Testbogen noch eine Rückseite gehabt hätte? Das ist Hitchcock. Super motiviert, immer vorne mit dabei, aber manchmal macht er so viele eigene Gedankensprünge, dass die Lösung irgendwo zwischen kreativer Eigeninterpretation und völliger Themenverfehlung landet. Und dann kann Missieu auch mal pampig werden, wenn keine seiner spannenden (und manchmal easy-way-out) Ideen nicht die sind, die man eigentlich von ihm wollte.
Lola – Die Mama, die’s einfach laufen lässt
Lola ist die Ruhe selbst. Sie weiß, dass das Leben kein Wettlauf ist und dass sich vieles mit Geduld von allein regelt. Wo Hitchie schon dreimal sein komplettes Repertoir abgespult hätte, steht sie in stoischer Weisheit und wartet erst mal ab, was da noch kommt, oder ob sie ihre Zeit nicht doch sinnvoller nutzen könnte. Mit einem kleinen Schläfchen zwischendurch, zum Beispiel. „Eile mit Weile, mein Kind.“ Sie ist höflich, zuverlässig und so verlässlich, dass ich sie gern als Anker in der Herde habe. Aber wehe, man erwartet, dass sie sich über Gebühr anstrengt! Dann kann sie mit demselben ruhigen Blick klarmachen: Du möchtest, dass ich das schneller mache? Nett von dir, dass du deine Wünsche mit mir teilst. Ich gebe dir 10 Prozent, das sollte reichen.“
Robin – Das „Neinhorn“
Robin ist mein grummeliger Schatz. Er kann eine Bewegung mit der Feinheit eines Schmetterlings ausführen – wenn er will. Meistens will er nicht. Er ist das Pferd, das erst einmal abwägt: „Lohnt sich das?“ Und wenn die Antwort nein lautet (und sie lautet oft nein), dann kann man auch einen Handstand vor ihm machen. Oder weinen.
Gleichzeitig ist er aber auch der tiefste Denker in der Truppe. Ich stelle mir manchmal vor, dass er so ein alter Professor wäre, der sich mit verschränkten Armen in der Bibliothek verschanzt, um sich gegen die Zumutungen der modernen Welt zu wehren. Wer sich auf seine Logik einlässt, entdeckt ein kluges, hochsensibles Pferd, das sich öffnet, und sehr wohl mitarbeitet, wenn man den Schlüssel zu seinem Herz und Hirn findet (alles auch eine Frage der Motivation, aber das soll eine Thema für einen weiteren Beitrag werden).
Kate – Die wilde Hilde
Kate ist klein, schwarz und überall gleichzeitig. Ihr Motto ist: „Wir KÖNNTEN auch ruhig machen – aber warum sollten wir?“ Sie ist diejenige, die zuerst zum Koppeltor kommt, wenn sich was tut. Sie ist die, die vorprescht, wenn andere noch nachdenken. Manchmal kann das etwas naiv anmuten. Sie ist die, die sich jeden zweiten Tag genüsslich im Schlamm einbuddelt, weil Sauberkeit etwas für Spießer ist.
Sie ist aber auch diejenige, die im Training blitzschnell reagiert – wenn man sie versteht. Ihre größte Schwäche? Sie übertreibt. Ein kleiner Impuls wird zur Galopptour im Viereck. Eine einfache Frage kann zur Prüfung werden. Das Gute ist: Sie will gefallen (und keines unserer Pferde lässt sich so easy von kleinen Kindern durch die Gegend führen wie sie, das muss auch einmal gesagt werden). Wenn man ihr hilft, Grenzen zu verstehen, Pausen zu machen und ihre Energie zu kanalisieren, hat man ein unfassbar leistungsbereites, talentiertes und sanftes Pferd. Wenn nicht, hat man… nun ja, Chaos auf vier Hufen.
Und was lernen wir daraus?
Jedes Pferd hat seine Eigenheiten. Viele kann man lieben, andere muss man in gewissem Maße akzeptieren. Aber wenn man sich auf die Eigenschaften einstellt, statt sie stur zu bekämpfen, und selber kreativ wird, dann wird das Training leichter – und das Zusammenleben sowieso. Ich kann meinen Fokus ausschließlich darauf legen, Hitchie zuvorzukommen, Robin anzutreiben, Lola zur Eile zu bringen oder Kate zur Ruhe – oder ich kann lernen, sie zu verstehen und ihre Stärken zu nutzen.
Denn am Ende geht’s nicht darum, Pferde zu verändern. Es geht darum, sie zu verstehen.
Genau das ist auch der Punkt, der pferdegestütztes Coaching und insbesondere Führungskräftetraining so wertvoll macht. Pferde spiegeln unser Verhalten, aber sie tun es nicht wahllos – sie reagieren auch je nach Persönlichkeit unterschiedlich. Ein energetischer Chef kann Hitchie begeistern, wenn er ihn nicht überfordert. Aber der gleiche Chef kann mit derselben Energie Robin in eine Oppositionshaltung treiben, Lola schlichtweg kaltlassen und Kate zu nervösem Aktionismus treiben. Wer führt, ob Mensch oder Pferd, tut gut daran, nicht nur Schema F zu folgen, sondern sich flexibel auf sein Gegenüber einzustellen.
Das Schöne ist: Man kann das lernen. In unserer Ausbildung und Weiterbildung vermitteln wir wie du diese feinen Nuancen auch an andere Menschen weitergeben kannst – denn wer versteht, wie Pferde (und Menschen) ticken, kann nicht nur besser mit ihnen arbeiten, sondern auch mit ihnen wachsen.
Erfahre hier mehr über unsere Ausbildung pferdegestütztes Mentaltraining und Coaching so wie unsere Weiterbildung pferdegestütztes Leadershiptraining und Teambuilding!